World Wide: Work – „Macht Arbeit glücklich?“

World Wide Work

Am Wochenende war ich als Zuschauer in den Münchener Kammerspielen bei „World Wide: Work“, einer globalen Diskursreihe des Goethe Instituts, die live per Videoschaltung 8 Weltstädte mit unterschiedlichen Kulturen des Arbeitens verbindet.

In der 4. und letzten Debatte ging es um die Frage „Macht Arbeit glücklich ?“

Auf dem Münchener Podium saßen der New Yorker Schriftsteller und Drehbuchautor Arnon Grünberg, die Informatikerin und Sprecherin des Chaos Computer Clubs Constanze Kurz und die Politologin Geraldine de Bastion.

Sie diskutierten live mit Wissenschaftlern, Philosophen, Künstlern und Volkswirten in Tokio und Madrid.
Ein tolles 3 stündiges Format, das aber aufgrund der Kürze der Zeit natürlich nur ein paar Impulse zum Weiterdenken liefern konnte.

Aber immerhin – was blieb hängen?

Demut! Wir sollten in Deutschland demütiger sein, dass es uns international gesehen vergleichsweise gut geht. Natürlich gibt es hier eine Menge an schlechtbezahlten Jobs im Niedriglohnsektor, trotzdem  hat eine relativ breite Mittelschicht das Privileg, sich mit der Frage nach Glück durch Arbeit beschäftigen zu können.
Das ist nicht überall der Fall – auch in Europa nicht.

Karlos Pardo, Kulturmanager aus Madrid brachte es folgendermaßen auf den Punkt:
„Work for most of the people is only a means to survive. Work, where you can express yourself is a luxury. Most spanish artists are working as a waiter for Mc Donalds!“

Wir sollten nicht vergessen, dass es weltweit eine Minderheit ist, die sich in der Arbeit und durch Arbeit  ausdrücken und selbst verwirklichen kann.

Geraldine de Bastion fragt sich: „If we all do, what we want to do, who does the rest!?“

Wie wäre es, nächste Woche dem Müllmann für seinen Einsatz  einfach mal „Danke“ zu sagen?

Wir sollten uns nicht nur fragen:  „Does my work make me happy?“,  sondern: „Does my work make others happy ?“ Wie sieht es mit dem gesellschaftlichen Mehrwert von Arbeit aus? Der ist im Falle der Müllabfuhr in vorhanden, auch wenn der entsprechende „Marktwert“ des Müllmanns  dies in keinster Weise widerspiegelt.

Die Zustände im japanischen Niedriglohnsektor reflektiert der zu Beginn in Tokio gezeigte Ausschnitt aus dem Dokumentarfilm „Japan: A Story of Love and Hate“ (Japan / UK 2008). Regisseur Sean Mc Allister wirft einen Blick in die raue Arbeitswelt eines japanischen Teilzeit – Postzustellers nördlich von Tokio, die für uns Europäer groteske Züge annimmt:

Arnon Grünberg ist in seinem Schlusstatement zum Thema Glück und Arbeit zurückhaltend  und meint:

It`s not about how to create jobs that make us happy, but about preventing jobs that make us suffer. We have to create working environments, that allow us to be humans“

Ein weites Feld…

Nachmittags habe ich einen Abstecher in den Kunstbau des Lenbachhauses gemacht zur Ausstellung „Playtime“ die sich wunderbar mit „World Wide: Work“ ergänzt:

„PLAYTIME knüpft an die in Jacques Tatis gleichnamigem Film geäußerte feinsinnige Kritik der modernen Arbeitswelt an und stellt verschiedene Fragen. Wie setzen sich KünstlerInnen unterschiedlicher Generationen und Hintergründe mit dem Thema Arbeit auseinander ? Was bedeutet künstlerisches Arbeiten heute ? Und inwiefern unterscheidet sich künstlerische Arbeit von anderen Formen der Arbeit ?“ (Austellungstext)

Das Künstlertum hat längst Vorbildfunktion für die neue Arbeitswelt (Kreativität! Flexibilität! Innovation! Projektarbeit! Selbstständigkeit ! Arbeiten mit Leib und Seele usw.) Insofern ist Playtime eine extrem spannende Ausstellung.

Neben tollen Arbeiten von Tehching Hsieh, Mladen Stilinović, Dieter Roth und Harun Farocki fand ich – beeinflusst durch die Diskussion am Vormittag – Adrian Pacis „Turn on“ sehr beeindruckend:
„Turn on“ ist ein 3 einhalb minütiger Film in dem man mehrere arbeitslose albanische Arbeiter mit ihren zerfurchten, verlebten Gesichtern auf einer Treppe sitzen sieht. Jeder von Ihnen hält eine Glühbirne in der Hand.

Turn on 3

Nach und nach werfen die Arbeitslosen benzinbetriebene, ohrenbetäubend laute Stromgeneratoren an und bringen ihre Glühlampen zum Leuchten. Damit verweisen Sie auf die nicht genutzte „Energie“ ihrer Arbeitskraft…

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