Antje Ehmann und Harun Farocki: Eine Einstellung zur Arbeit

 

Das Nachdenken über „Arbeit“ ist en vogue. Zahlreiche Bücher und andere Publikationen sind in den letzten Jahren erschienen, in denen über die Umbrüche und Veränderungen der modernen Arbeitswelt reflektiert wird.

In der globalen Diskursreihe  des Goethe Instituts „World Wide: Work“ und  in der Ausstellung „Playtime“ im Münchener Lenbachhaus wurde der Blick um eine internationale Komponente erweitert. Während wir wissen, wie hier in Deutschand an Schulen, in Universitäten, bei der Müllabfuhr oder der Polizei „gearbeitet“ wird, sind uns ausländische Arbeitswelten meist fremd und unbekannt.

Die Filmemacher Antje Ehmann und Harun Farocki bereichern die Diskussion mit einem spannenden künstlerischen Projekt, das vom 16. August bis 28. September auf der Ruhtrtriennale zu sehen sein wird.

In „Labour in a single shot“ wird Arbeit zum filmischen Untersuchungsgegenstand:
Seit 2011 reisten Ehmann und Farocki in 15 internationale Großstädte, wo sie mit dort ansässigen Videokünstlern über 400 Kurzfilme zur Arbeit produzierten.

„Eine Einstellung zur Arbeit ist eine Aufforderung, Arbeit im 21. Jahrhundert aus einer doppelten Perspektive zu betrachten: als individuelle Handlung inmitten von kollektiven Zwängen. Die Kurzfilme sind Dokumentation und Konstruktion zugleich. Für die rhetorische Figur der ›Arbeiterschaft‹ versammeln sie eine Fülle konkreter Bilder. Von kleinsten Details an Werkzeugen, vom Bestücken von Maschinen, von Handgriffen, Bewegungschoreografien und szenischen Momenten ausgehend, entwickeln die Filmeinstellungen ihre Beobachtungen und Verknüpfungen aus dem Material heraus. Ob am Webstuhl, am Computer oder am Klavier, ob im Bostoner MIT, im Altersheim von Buenos Aires, im Naturkundemuseum von Łódź oder in einem Fitnessstudio von Tel Aviv – es sind überraschend magische Momente, die das Faktische erzeugt.
(Ruhrtriennale)

Spannend ist die formale Strenge des Projekts:
Kein Video ist länger als 2 Minuten, aufgenommen wird in einer einzigen Einstellung. Die Kamera kann statisch sein, sie kann schwenken oder eine Fahrt machen – nur Schnitte sind nicht erlaubt.

Dass trotz oder gerade wegen der formalen Vorgaben in vielen Clips interessante politische Assoziationen entstehen, zeigt exemplarisch dieses Video von Abbrucharbeiten in Kairo aus dem Jahr 2012, das als Kommentar zu enttäuschten Hoffnungen nach dem arabischen Frühling gelesen werden kann: während sich in der linken Hälfte des Videos 2 Arbeiter erfolglos am Abriss einer Mauer abmühen, versinkt in der rechten Hälfte die Stadt im Stau.

In einer Reminiszenz an den Filmklassiker „Arbeiter verlassen die Fabrik“, den ältesten Film der Gebrüder Lumière, gibt es in Farockis und Ehmanns Projekt einige Lumiére Remakes, in denen man sieht wie Arbeiter in aller Welt ihren Arbeitsplatz verlassen.

Mehr Infos zum Projekt findet man auf der Projektseite.

Trauriges Update: Harun Farocki ist im Alter von 70 Jahren verstorben.

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